„Schon lange suchen die Imker das Gespräch mit den Grünen“, so leitete die Neuravensburger GOL-Ortschaftsrätin Birgitta Haug als Moderatorin den April-Stammtisch der GOL ein. Zahlreiche Besucher waren der Einladung zum Brennerwirt in Engetsweiler gefolgt.
Gernot Pommer, als GOL-Mitglied und gleichzeitig 2. Vorsitzender des Imkervereins Wangen so etwas wie die Schnittstelle der beiden Gruppierungen, informierte in einer Präsentation detailliert über die nicht anwesenden Stargäste des Abends – die Bienen. Auch wenn man manches schon wusste – die Faszination der Besucher für „apis mellifera“, die Honigbiene war spürbar. Schon unsere Vorfahren vor 10.000 Jahren, so zeigen die frühesten Abbildungen, nutzten den Sammelfleiß der Bienen. Durch eine äußerst präzise Organisation, eine genaue Arbeitsteilung löst der “Bien“ (so der Fachausdruck für den Bienenstaat) seine Aufgaben und sorgt für sein Überleben. Sozusagen nebenbei erledigt er die Dinge, die ihn für uns Menschen so nützlich machen: er liefert mehrere Produkte, die wir nutzen – keineswegs nur Honig und Bienenwachs, sondern auch die Königinnennahrung Gelée royale und die harzartige Mischung Propolis – beides in der Nahrungs- und Kosmetikindustrie verwendet.
Am wichtigsten aber ist die Bestäubungsfunktion. Bis zu einer Millon Pollen, so Pommer, trägt eine einzige Biene in ihrem Pollensack – um einerseits die Brut zu versorgen, andererseits aber „nebenbei“ den Großteil unserer Pflanzen zu bestäuben. Noch! Denn seit einigen Jahren wird ein deutlicher Rückgang der Bienen beobachtet, das „Bienensterben“.
Pommer nannte zum einen Krankheiten als Gründe. Dabei sei die aus Indien eingeschleppte und lange Zeit sehr gefürchtete Varroamilbe mittlerweile beherrschbar, „wenn der Imker nicht schlampt“. Bei Befall mit der Amerikanischen Faulbrut müsse dagegen meist das ganze Volk vernichtet werden.
Schlimmer seien jedoch die menschengemachten Bedrohungen – die seit den 70er Jahren zunehmend verwendeten Pestizide, Insektizide und Fungizide. Ihre Wirkung sei vielfältig. So sei etwa das oft zitierte Pestizid Glyphosat also solches für die Bienen nicht giftig, doch es vernichte als Unkrautvernichtungsmittel schlicht die Nahrungsgrundlage der Bienen. Die Neonicotinoide wiederum schädigten das Orientierungsverhalten der Bienen – sie fänden nicht mehr zum Stock zurück.
Pommers Vortrag wurde ergänzt von Roland Frisch, Gründer und Vorstand der Pollenvereinigung Allgäu-Bodensee-Oberschwaben. Sein Verein, der Pollen sammle und vermarkte, habe das Bodenseeufer als Sammelgebiet gestrichen, weil dort die Belastung der Pollen mit Schadstoffen statt der zulässigen 50 mg pro Kilo bei bis zu 12.000 mg gelegen habe. Frisch hatte auch einige konkrete Ratschläge. Die Landwirte etwa forderte er auf, erst abends zu spritzen, wenn die Bienen nicht mehr flögen. Die Hobbygärtner sollten am besten gar nicht spritzen, oder wenn, dann wenigstens nach der vorgeschriebenen Dosierung – und nicht nach dem häufig angewandten Prinzip „viel hilft viel“.
Die lebhafte Schlussdiskussion erbrachte weitere Vorschläge. Die Landtagsabgeordnete Petra Krebs verwies auf das Ziel der Landesregierung, bis 2025 die Biolandwirtschaft auf 30% zu erhöhen – „und dort sind alle Pflanzenschutzmittel verboten“. GOL-Stadträtin Gudrun Bungard verwies auf den kürzlich eingebrachten GOL-Antrag auf eine glyphosatfreie Stadt Wangen. Dies, meinte Birgitta Haug, sei ihr zu eng gefasst – sie plädierte für die weiter gehende Forderung nach einer pestizidfreien Zone. Siegfried Spangenberg stellte das Bienensterben in den größeren Zusammenhang des allgemeinen Insektensterbens durch den Rückgang der natürlichen Lebensräume. Hier könne das Konzept der „Wiesenstadt Wangen“ bis zur Landesgartenschau die richtigen Akzente setzen, nach dem Motto „global denken, lokal handeln.“
Gerold Fix
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